Diskussion über die Kosten für den Führerschein

Aktuell gibt es immer wieder Diskussionen über die immensen Kosten für den Erwerb eines Führerscheines. Um diese zu senken wird unter anderem auch darüber diskutiert, wie man die Prüfungen vereinfachen könnte. Ein völlig falscher Ansatz wie ich meine!

Ich selbst habe meinen Auto-Führerschein vor über 30 Jahren gemacht. Den für das Motorrad vor knapp fünf Jahren. Dabei hatte ich auch einige Gespräche mit meinem Fahrlehrer über die heutige Jugend und seine Fahrschüler im Allgemeinen. Daher denke ich, dass ich durchaus einen Eindruck habe, welche Faktoren da eine Rolle spielen könnten.

Meinen Auto-Führerschein habe ich 1992 gemacht. Wenn ich mich recht erinnere gab es damals 10 Pflichtstunden als Sonderfahrten (Überland / Autobahn / Nachtfahrt). Diejenigen, die bereits Verkehrserfahrung mit der 80er (jetzt 125er) hatten und (wie oder warum auch immer 😉 ) die Bedienung eines Autos bereits beherrschten kamen manchmal mit nur zwei bis vier weiteren Fahrstunden aus.
Die Regel waren aber etwa zwölf bis vielleicht 15 oder maximal 18 weitere Fahrstunden für komplette Anfänger im motorisierten Verkehr. Je nach Fahrschule lagen die gesamten Kosten für einen Führerschein dann um etwa 1.800,- DM. Die Abweichungen waren aber auch damals schon deutlich. Mit entsprechender Vorerfahrung konnte man gut unter 1.500,- DM bleiben. Mit mehr Fahrstunden und vielleicht einer nicht bestandenen Prüfung konnten es auch durchaus über 2.000,- bis 2.500,- DM werden. Das waren dann aber schon eher die Ausreißer. Unter den Jungs, die naturgemäß eine höhere Affinität zum Thema Auto hatten galten 2.000,- DM als vertretbare Obergrenze für den Autoführerschein. Lag man darüber, war es einem schon eher peinlich.

Betrachte ich die Kosten, die ich vor wenigen Jahren beim Erwerb meines Motorradführerscheins hatte, dann liege ich da mit etwa 2.800,- € erst einmal deutlich darüber.  Zu berücksichtigen ist, dass ich bewusst deutlich mehr Fahrstunden genommen habe, als tatsächlich nötig gewesen wären. Hätte ich den Führerschein unter dem damaligen Kostenbewusstsein gemacht, dann hätte ich mit etwa sechs bis acht Fahrstunden weniger nur rund 2.400,- € bezahlt. Betrachtet man jetzt noch die normale Inflation bzw. Kostensteigerung von damals bis heute, dann entsprechen die 2.000,- DM von damals ziemlich genau 2.000,- € von heute. Somit bleibt eine Verteuerung von ca. 400,- €, was in etwa 20 % entspricht.

Natürlich sind die Voraussetzungen in mancher Hinsicht nicht ganz vergleichbar, in anderen sehr wesentlichen Punkten jedoch schon:
Abweichend habe ich beim Erwerb des Motorradführerscheins natürlich schon jahrelange Fahrpraxis mit dem Auto gehabt. Das Erlernen des Verkehrsgeschehens war daher nicht mehr nötig. Andererseits tut man sich mit zunehmendem Alter mit dem Erlernen von Neuem naturgemäß auch nicht mehr so leicht, was die Sache wieder etwas erschwert.
Übereinstimmend ist aber meine Einstellung, mein Interesse, das Engagement und die Ernsthaftigkeit, mit der ich die beiden Führerscheine gemacht habe.

In den Medien wird immer wieder geschrieben, dass der Führerschein so unbezahlbar geworden ist und teilweise bis zu 4.000,- € kosten kann. Das ist natürlich enorm! Im Gegensatz zu meiner Aufstellung macht das einen Unterschied von bis zu 1.600,- € aus. Wie entsteht dieser Unterschied und was sind die Ursachen dafür?

Anzahl der Fahrstunden: Hier gibt es scheinbar einen deutlichen Anstieg. Zwar gibt es noch immer diejenigen, die mit relativ wenigen Fahrstunden zur Prüfungsreife gelangen, aber die Anzahl der Fahrschüler, die erheblich mehr Fahrstunden brauchen ist scheinbar deutlich angestiegen. Wenn früher jemand mal an die 30 Fahrstunden gebraucht hat, dann war das schon die wirklich sehr große Ausnahme. (Ich selbst kenne niemanden, der damals so viele Fahrstunden gebraucht hat.) Heute lese ich hingegen immer öfter von Fahrschülern, die wohl selbst nach 40 bis 60 noch nicht reif für die Prüfung sind. Da jede zusätzliche Fahrstunde spürbare Kosten verursacht, kann das die Gesamtkosten für den Führerschein dann natürlich schon enorm nach oben treiben.

Durchfallquote bei den Prüfungen: Mitte der 90er Jahre lagen die Duchfallquoten bei etwa 20 % bei der theoretischen Prüfung und etwa 24 % bei der Praxis. 2023 hingegen sind etwa 42 % durch die Theorie gefallen und etwa 30 % haben die praktische Prüfung nicht geschafft. Auch das bedeutet durch die Gebühren für Wiederholung einer Prüfung einen Anstieg der gesamten Kosten für den Führerschein.

Was sind nun die Gründe dafür? Es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass der Verkehr im Vergleich zu früher zugenommen hat und dementsprechend auch anspruchsvoller geworden ist. Das triff in den größeren Städten bestimmt noch mehr zu als hier im ländlichen.

Das kann aber nicht die alleinige Erklärung für diesen Anstieg der benötigten Fahrstunden und Durchfallquoten sein.

Ein weiterer Grund liegt wohl auch bei dem Interesse der heutigen Generation und der Bedeutung, die der Führerschein für sie einnimmt. Früher hat man sich spätestens ab 16 bereits für das Auto und den Verkehr interessiert. Ich erinnere mich gut, wie mir mein Vater bereits viele Tipps zum Autofahren und zu Verkehr gegeben hat als ich gerade mal vorne sitzen durfte. Ich habe ihn auch immer genau beim Fahren zugeschaut und das Verkehrsgeschehen um mich herum beobachtet und viele Fragen gestellt. Heute sitzen viele Teenager nur noch bei ihren Eltern im Auto und starren auf ihr Handy. Da lernt man in Bezug auf das Autofahren und den Verkehr natürlich nichts, was einem eigenen Einstieg in den Straßenverkehr später erleichtern könnte.

Früher waren Fahrschule, Führerschein und vielleicht auch das erste Auto spätestens ab 17 eines der zentralen Themen unter gleichaltrigen. Es war normal, seinen Führerschein mit 18 oder spätestens kurz danach fertig zu haben. Und wenn man durch eine Prüfung (insbesondere durch die Theorie) durchgefallen ist, dann war einem das peinlich. Heute macht man den Führerschein immer später und wenn man mal durch eine Prüfung durchfällt, dann ist das eher normal.

Diese Annahmen hat mir übrigens auch mein Fahrlehrer in einigen Gesprächen bestätigt. Die Jugend von heute hat scheinbar immer weniger Interesse am Autofahren und am Verkehr im Allgemeinen.

Das ist sicherlich ein wesentlicher Grund für die immer höher werdende Anzahl an Fahrstunden, die von manchen Fahrschülern benötigt werden. Dass es auch heute noch schneller gehen kann zeigt die enorme Spreizung der benötigten Stunden: Früher hat der Großteil der Fahrschüler 15 bis 25 Fahrstunden benötigt und lag damit recht dicht beieinander. Heute spricht man dagegen eher von 20 bis 60 Fahrstunden. Das zeigt, dass es auch heute noch in kurzer Zeit und mit entsprechend geringen Kosten geht. Wenn ein Fahrschüler aber mal 60 oder mehr Fahrstunden benötigt, dann treibt das die möglichen Kosten für den Führerschein natürlich extrem in die Höhe – und  damit natürlich letztlich auch den Durchschnitt für die Führerscheinkosten einer ganzen Generation.

Und was das Durchfallen – vor allem durch die theoretische Prüfung – angeht: Ja – das kann natürlich mal vorkommen. Aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn man die Sache ein wenig ernst nimmt und sich gründlich Vorbereitet, dann sollte das die absolute Ausnahme sein! Und 40 % Durchfallquote sind erheblich mehr als nur einzelne Ausnahmen. Daher unterstelle ich hier mangelndes Interesse und vor allem mangelhafte Vorbereitung! In der praktischen Prüfung mag das noch etwas anders sein – da kann immer mal etwas unerwartetes passieren. Aber interessanter Weise sind die Durchfallquoten hier bei weitem nicht so dramatisch angestiegen wie bei der Theorie.

Als Fazit sehe ich für mich: Ja, der Erwerb des Führerscheins ist generell teuer und auch etwas teurer geworden. Diese Diskussion gab es aber auch schon Mitte der 90er nachdem die Pflichtstunden eingeführt worden sind. Aber ein großer Teil der angestiegenen Kosten ist vermutlich auf die Fahrschüler selbst zurückzuführen. Gebühren können reduziert werden, das wäre sicherlich generell eine gute Maßnahme. Aber den Erwerb des Führerscheins zu Lasten der Qualität der Ausbildung oder des Anspruches der Prüfungen zu vereinfachen wäre ein völlig falscher Ansatz. Dieser würde letztlich nur zu einer Verschlechterung der allgemeinen Verkehrssicherheit führen!